New Work - Was ist das?
Die Debatte über New Work gibt es schon seit Jahren, aber hat durch die globale Pandemie an Fahrt aufgenommen. Was genau ist also New Work und warum reden alle darüber?
In den letzten Jahrhunderten hat sich die Organisation der Arbeit stark verändert. Vor der Industrialisierung war die Mehrheit der Bevölkerung Bauern und Bäuerinnen, die sich mehr oder weniger selbst versorgten. Während der industriellen Revolution bestand die Arbeit für die meisten Menschen darin, eine bestimmte, sich wiederholende Aufgabe zu erledigen.
Wie sollten wir also in Zeiten von Digitalisierung, Globalisierung und künstlicher Intelligenz über Arbeit denken – und was bedeutet das alles für Unternehmer und Arbeitnehmer*innen ? Durch die Automatisierung fallen in bestimmten Bereichen zunehmend Arbeitsplätze weg, während anderswo dringend Fachkräfte gebraucht werden.
Jedes Unternehmen hat seine eigenen Herausforderungen, Ideen und Lösungen für dieses Problem. Damit du dir einen Überblick verschaffen kannst, haben wir hier die Theorie, Konzepte und Ansätze von New Work zusammengefasst.
Was ist New Work?
Der Begriff New Work wurde in den 1970er Jahren von dem Sozialphilosophen Prof. Dr. Frithjof Bergmann geprägt. Er sah New Work als Voraussetzung für die Selbstverwirklichung der Arbeitnehmer*innen und als Abkehr von der sogenannten Lohnarbeit.
Im Kern ruht das Konzept auf den folgenden drei Säulen:
Flexible Arbeitszeiten: Ansätze wie Teilzeit, Vertrauensarbeitszeit oder Jobsharing ersetzen den klassischen Nine-to-Five-Job.
Ein flexibler Arbeitsort: Bei vielen Jobs müssen die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr an einem festen Ort zusammenarbeiten. Flexible Modelle, wie z.B. die Arbeit von zu Hause aus oder Remote-Arbeit, ersetzen das klassische Büro.
Flexible Strukturen und Denkmuster: Klassische Hierarchien werden durch zunehmende Vernetzung der Arbeit, Mentoring, interdisziplinäre Projekte und Wissenstransfer aufgebrochen.
Das Konzept von New Work
Am Anfang ging es bei New Work um viel mehr als nur um neue Arbeitsformen. Als Philosoph war Bergmann auf der Suche nach einem alternativen Gegenmodell zum Sozialismus. Auslöser für die Idee zu New Work war eine Reise in einige Ostblockländer Ende der 1970er Jahre, bei der ihm klar wurde, dass der Sozialismus keine Zukunft mehr hatte.
Ein grundlegender Bestandteil seiner Theorie ist der Gedanke, dass die „Alte Arbeit“ – wie er sie nannte – ein Phänomen der Industriegesellschaften war, während die heutige Gesellschaft von Informationen und Wissen geprägt ist. Laut Bergmann sollten sich die Erkenntnisse unserer informations- und wissensbasierten Gesellschaft – einschließlich Globalisierung, Digitalisierung und demografischer Wandel – auch in der Art und Weise widerspiegeln, wie wir arbeiten.
Heute zeichnet sich New Work durch die folgenden Kernprinzipien aus:
- Neue Denkweisen, Haltungen und Selbstorganisation: Anstelle von strengen Kontrollen und starken Hierarchien setzt New Work auf Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Die Beschäftigten suchen nach stärkeren Unternehmenskulturen und Werten, mit denen sie sich identifizieren können – und die ihrer Arbeit einen Sinn geben. Die Beschäftigten wollen sich nicht nur bei der Arbeit wohlfühlen, sondern auch eine gute Work-Life-Balance haben.
- Neue Formen der Arbeit – gemischte Teams, Projektarbeit und Freiberufler*innen: Die digitale Zusammenarbeit macht es möglich, ein ortsunabhängiges Team zusammenzustellen. Unterschiedliche, interdisziplinäre Teams können gleichzeitig an Projekten arbeiten, unterstützt von Freiberuflern und Experten. Statt geschlossener, homogener Abteilungen können Teams und Arbeitsplätze innerhalb von Büroräumen rotieren.
- Innovation, Kreativität und Agilität: Das in Unternehmen und Behörden verbreitete Motto „Das haben wir schon immer so gemacht“ hat keine Chance mehr. Innovation, Kreativität und Agilität ermöglichen die Entstehung neuer, effizienterer Prozesse. Die Automatisierung reduziert Standardaufgaben und schafft Platz für mehr Ideen und einen neuen Ansatz. Gleichzeitig sorgen agile Methoden für zuverlässige, effiziente und flexible Prozesse.
- Führen 4.0: Führung im Zeitalter von New Work erfordert radikal neue Managementmethoden. Führungskräfte werden mit einer Vielzahl von Bedürfnissen konfrontiert und müssen lernen, auf diese einzugehen. Sie werden zu Mentoren und unterstützen die Mitarbeiter*innen bei Themen wie berufliche Entwicklung und Teamorganisation.
Warum New Work?
Du fragst dich, warum du als Unternehmen anfangen solltest, sich mit New Work vertraut zu machen? Die direkteste Antwort lautet: Weil du keine andere Wahl hast. Im letzten Jahrhundert hat sich gezeigt, dass der Wegfall von Arbeitsplätzen durch Automatisierung mit einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften einhergeht – vor allem in Berufen, die es früher nicht gab.
Hinzu kommt, dass die Anforderungen der Arbeitgebenden und der jüngeren Generation von Arbeitnehmenden gleichzeitig steigen. Als Unternehmen bist du nur dann fit für die Zukunft, wenn du dich nachhaltig und langfristig mit dem Thema New Work auseinandersetzt. Nur so kannst du Top-Talente finden und binden.
Die vielen Einzelaspekte von New Work lassen sich unter den folgenden drei Punkten zusammenfassen:
- Sinnhaftigkeit und Selbstbestimmtheit: Für Arbeitnehmer*innen geht es nicht mehr nur darum, einen Job zu haben. Die Beschäftigten wollen eine sinnvolle Arbeit in einem Unternehmen, hinter dessen Werten sie stehen können. Viele wollen nicht nur vordefinierte Aufgaben erledigen, sondern die Vision des Unternehmens aktiv mitgestalten und mitbestimmen und mehr Verantwortung übernehmen. Sie erwarten nicht nur eine finanzielle Entlohnung, sondern auch Wertschätzung, Respekt und Vertrauen.
- Freiheit: Freiheit ist ein zentrales Element von New Work. Statt sturer Nine-to-Five-Jobs bringt New Work mehr Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten, Arbeitsgestaltung und sogar den Ort, an dem die Arbeit verrichtet wird. Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit, eine Vier-Tage-Woche, Jobsharing und andere Modelle sollen den Beschäftigten eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen. Homeoffice und Fernarbeit sind ebenfalls Modelle, um außerhalb des Büros zu arbeiten und mehr Freiheit zu genießen.
- Kollaboration: New Work verändert die Art der Zusammenarbeit. Der Schwerpunkt liegt auf Projektarbeit – nicht in festen Hierarchien, sondern in flexiblen Teams, die von Freiberuflern oder Agenturen unterstützt werden. Agilität spielt dabei eine große Rolle.
- Work-Life-Balance: New Work bietet keine vorgefertigte Lösung für Unternehmen. Vielmehr handelt es sich um eine Reihe von Instrumenten, die bei der Gestaltung der Organisation, des Teams und der Arbeitsumgebung helfen. Wenn der New-Work-Ansatz gut umgesetzt wird, entsteht eine Win-Win-Situation für Arbeitgebende und Arbeitnehmende. Unternehmen steigern ihre Attraktivität und damit ihre Chancen, neue Talente anzuziehen – und verbessern gleichzeitig die Zufriedenheit ihrer derzeitigen Mitarbeiter*innen. Die Beschäftigten wiederum erhalten mehr Freiraum für die individuelle Gestaltung der Arbeit und eine bessere Work-Life-Balance.
Kritikpunkte an New Work
Wie du siehst, bietet New Work viele Vorteile und ist in vielen jüngeren Unternehmen bereits Teil des Arbeitsalltags geworden. Für ältere, eher traditionell organisierte Unternehmen oder Konzerne ist dieser Wandel komplexer – und die Kritik an New Work wird laut und deutlich.
Das gilt vor allem für Unternehmen, die sich bisher auf traditionelle Führungs-, Projektmanagement- und Arbeitszeitmodelle verlassen haben. Die Einführung der New-Work-Prinzipien erfordert mehr Organisation und Koordination auf Seiten des Arbeitgebenden. Viele Prozesse müssen überdacht, überprüft und neu eingeführt werden, was zwangsläufig zu Reibungen führt.
Ein oft genannter Einwand ist die vermeintliche Ineffizienz und geringere Kundenzufriedenheit, die durch eine übermäßige Konzentration auf New Work verursacht wird. Natürlich ist es wichtig zu betonen, dass der Prozess der Einführung von New Work mit den anderen Zielen eines Unternehmens in Einklang stehen sollte.
Den letzten Kritikpunkt kennen wahrscheinlich viele von denen, die bereits in einem New Work-Kontext gearbeitet haben. Flexible Arbeitszeitmodelle und ortsunabhängiges Arbeiten können zu einer Verschmelzung von Arbeit und Privatleben führen – dem sogenannten Work-Life-Blending. Wenn die Arbeit nicht mehr an einen Ort und eine Zeit gebunden ist und digitale Werkzeuge es ermöglichen, von überall aus zu arbeiten, wächst die Versuchung, jederzeit verfügbar zu sein und sich nicht auszuruhen, wenn man es braucht.
New Work – Führung und Management
Neue Arbeitsformen, Arbeitsumgebungen und Anforderungen von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden bringen auch neue Herausforderungen für Führungskräfte mit sich. Daher kann New Work nicht ohne New Leadership umgesetzt werden. Aber was genau ist New Leadership?
Der New Work Führungsstil zeichnet sich durch Wertschätzung und Vertrauen zwischen Führungskräften und Beschäftigten aus.
Das bedeutet keineswegs, dass Management und Führung abgeschafft werden. Stattdessen müssen Führungskräfte den Mut haben, operative Aufgaben loszulassen, Aufgaben abzugeben und mehr Aufgaben in die Hände ihrer Mitarbeiter*innen zu legen. Auf diese Weise wird das Team in die Lage versetzt, sich selbst zu organisieren.
New Leadership ist oft eine vermittelnde Position zwischen Kultur und Technologie. Die Unternehmenswerte müssen den Beschäftigten klar vermittelt werden, und oft sind die Führungskräfte dafür verantwortlich, die Unternehmenswerte – und die Kultur – zu vermitteln und umzusetzen. Es ist auch wichtig, den Beschäftigten die Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die sie für eine effiziente Arbeit benötigen.
Für viele Unternehmen bedeutet dies eine massive Veränderung. Es geht nicht mehr um die klassische Führung und Kontrolle durch Vorgesetzte, sondern um die Befähigung einzelner Mitarbeiter*innen und des Teams als Ganzes. Das wiederum steigert die Motivation und fördert die Entwicklung. Letztendlich sollten die Ziele des Teams immer mit den Zielen des Unternehmens übereinstimmen. Wie bei den anderen Aspekten von New Work gibt es auch hier keine allgemeinen Anweisungen. Führungskräfte müssen ihren Führungsstil an die besonderen Gegebenheiten ihres Unternehmens, ihres Teams und der einzelnen Teammitglieder anpassen.
Fazit
New Work ist nicht mehr wegzudenken und kann nicht länger ignoriert werden. Digitalisierung, Globalisierung und eine neue Generation von talentierten und gut ausgebildeten Arbeitnehmenden fordern neue Arbeitsformen. Freiheit, Selbstbestimmung und Sinnhaftigkeit stehen bei dieser Bewegung im Vordergrund. Die heutige Arbeitswelt erfordert ein radikal neues Konzept von Führung: New Leadership stellt die Befähigung der Mitarbeiter*innen, Wertschätzung und Vertrauen in den Vordergrund. Für die Umsetzung von New Work stehen verschiedene Methoden zur Auswahl. Probiere einige der oben genannten Ansätze aus und finde heraus, was am besten zu deinem Unternehmen passt.